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Tarifvertrag § Rechtslage, Inhalte & mehr

Der Tarifvertrag bestimmt die Arbeitsbedingungen von Mitgliedern einer Gewerkschaft oder von Arbeitnehmern aus einer bestimmten Branche. Er ist dabei einem Arbeitsvertrag prinzipiell übergeordnet. In folgendem Artikel erfahren Sie, was grundsätzlich unter einem Tarifvertrag zu verstehen ist und in welchen Branchen dieser üblich ist. Ebenso lernen Sie die wichtigsten Inhalte und die unterschiedlichen Arten von Tarifverträgen kennen.

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Arbeitsrechts­redaktion
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Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Rechtslage zum Tarifvertrag

Ein Tarifvertrag bestimmt die Arbeitsbedingungen für bestimmte Branchen. Die Regelungen werden zwischen Gewerkschaften, die für die Arbeitnehmer stehen, und Arbeitgeberverbänden beziehungsweise einzelnen Arbeitgebern, also zwischen den Tarifparteien, ausgehandelt. Die Gesetzesgrundlage für Tarifverträge stellt das sogenannte Tarifvertragsgesetz (TVG) dar. Tarifverträge benötigen gemäß § 1 des TVG der Schriftform, um rechtswirksam zu sein. Zudem werden abgeschlossene, veränderte oder aufgehobene Tarifverträge gemäß § 6 des TVG in ein Tarifregister aufgenommen. Für folgende Berufsgruppen ist zum Beispiel ein Tarifvertrag üblich:

  • Metall- und Elektroindustrie (ERA)
  • Öffentlicher Dienst (TvÖD)
  • Medizin (MFA)
  • Einzelhandel (Tv-H)
  • Versicherungsbranche (TVF)
  • Baugewerbsbranche (BRTV)

Abgrenzung zum Arbeitsvertrag

Tarifverträge sind kein Ersatz für einen Arbeitsvertrag. Sie unterscheiden sich außerdem dadurch, dass Arbeitsverträge zwischen einer Einzelperson und dem Arbeitgeber geschlossen werden, wohingegen die Bestimmungen aus Tarifverträgen für jedes Mitglied einer Gewerkschaft beziehungsweise für jeden Arbeitnehmer einer gewissen Branche gelten. Deshalb müssen sich Arbeitsverträge in diesen Bereichen grundsätzlich auch an den Tarifvereinbarungen orientieren, es sei denn die Mitarbeiter würden dadurch benachteiligt werden.

Welche Funktionen haben Tarifverträge?

Ein Tarifvertrag hat für den Arbeitnehmer spezielle Funktionen, die ihm Vorteile bringen sollen. Tarifverträge bieten zum Beispiel den Mitarbeitern besseren Schutz, da sich Arbeitgeber bei Arbeitsverträgen an die tariflichen Bestimmungen halten müssen. Der Tarifvertrag hilft auch Beschäftigten und Vorgesetzten, sich auf allgemeingültige Richtlinien zu stützen.

Tarifvertrag Vorteile

Tarifverträge bieten sowohl für Arbeitnehmer als auch für die Unternehmen zahlreiche Vorteile. Beschäftigte mit Tarifbindung haben dadurch die Möglichkeit auf einen höheren Lohn sowie auf gleiche Entlohnung für dieselbe Arbeitsleistung. Zudem gibt es auch die Chance auf eine kürzere Arbeitszeit sowie auf mehr Urlaubstage bei Tarifverträgen. Aus unternehmerischer Sicht werden durch Tarifverträge beispielsweise gleiche Wettbewerbsbedingungen und eine größere Wirksamkeit geschaffen. Firmen können zudem durch einen Tarifvertrag effizienter planen.

Infografik
Mehr zu den Besonderheiten des Tarifvertrags

Einfluss von Gewerkschaften

Gewerkschaften sind für die Arbeitnehmerseite bei Tarifverträgen von großer Bedeutung, weil sie mit den Arbeitgebern über die Arbeitsbedingungen verhandeln. Jede Gewerkschaft muss vor diesem Hintergrund auch tariffähig sein. Die Tariffähigkeit setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Durchsetzungsfähigkeit, Tarifwilligkeit sowie Durchsetzungswille.

Wenn sie sich nicht durchsetzen könnte, würde sie nicht als Vertragspartner auf Augenhöhe wahrgenommen werden. Die Tarifwilligkeit zeichnet sich dadurch aus, dass die Gewerkschaft über alle Rahmenbedingungen verhandeln muss. Dass bessere Bestimmungen notfalls auch mit Streiks erreicht werden, charakterisiert in diesem Zusammenhang den Durchsetzungswillen.

Inhalte von Tarifverträgen

Prinzipiell sind in Tarifverträgen ebenso wie in Arbeitsverträgen die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geregelt. Die Inhalte von Tarifverträgen sind durch die sogenannte Tarifbindung zwingend von beiden Parteien einzuhalten. Dementsprechend müssen Arbeitgeber auch beim Aufsetzen von Arbeitsverträgen die Inhalte der tariflichen Richtlinien beachten. Prinzipiell müssen also auch Tarifverträge Angaben über die Arbeitszeit beinhalten. Regelungen zur Kündigung sind ebenfalls in einem Tarifvertrag festzuhalten. Weitere Inhalte eines Tarifvertrages sind:

  • Dauer des Beschäftigungsverhältnisses
  • Bestimmungen zum Tariflohn
  • zusätzliche Regelungen
  • Vorschriften zum Urlaubsanspruch

Arbeitszeit & Tariflohn

Wie die Arbeitszeit bei einem Arbeitsverhältnis auf tariflicher Basis auszusehen hat, ist grundsätzlich ähnlich zu den Vorschriften in einem Arbeitsvertrag. Dementsprechend wird nicht nur die Stundenzahl angegeben, sondern auch die tatsächliche Umsetzung, wie beispielsweise Gleit- oder Vertrauensarbeitszeit, in einem Tarifvertrag festgelegt. Ebenfalls ein unerlässlicher Bestandteil in diesem Zusammenhang sind Bestimmungen zu Ruhepausen.

Der im entsprechenden Tarifvertrag festgehaltene Lohn gilt für alle Mitarbeiter und Vorgesetzte eines Unternehmens, wenn sie Mitglied in einer Gewerkschaft oder in einem Arbeitgeberverband sind. Die Höhe des Tariflohns ergibt sich aus der jeweiligen Branche, in der eine Firma tätig ist. Auch Faktoren außerhalb des Betriebs, wie zum Beispiel die wirtschaftliche Situation eines Landes, können sich auf den tatsächlichen Tariflohn auswirken. Es handelt sich beim Tariflohn lediglich um einen Mindestlohn, der den Arbeitnehmern gezahlt werden muss, weshalb er in der Praxis auch höher ausfallen kann.

Kündigung

Ein wichtiger Bestandteil eines Tarifvertrags sind die Bestimmungen zu dessen Kündigung. Tarifverträge können gemäß § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abweichende Fristen für eine Kündigung festlegen. Dementsprechend kann die Gewerkschaft kürzere oder längere Kündigungsfristen aushandeln. Die Kündigungsfristen für einen Tarifvertrag sind unter anderem im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) festgehalten.

Arten von Tarifverträgen

Tarifverträge können entweder durch inhaltliche Merkmale oder durch die Personen, für die der Vertrag gilt, unterschieden werden.

  • Verbandstarifverträge
  • Firmentarifverträge
  • Mehrgliedrige Tarifverträge
  • Gehaltstarifverträge
  • Manteltarifverträge
  • Anschlusstarifverträge
  • Paralleltarufverträge
  • Notlagentarifverträge

Verbandstarifvertrag

Unter einem Verbandstarifvertrag versteht man im Arbeitsrecht, dass eine der Vertragsparteien ein Arbeitgeberverband ist. Dabei werden die Branchen, für welche dieser gültig ist, von diesen Verbänden festgelegt. Meist zählt ein Verbandstarifvertrag dann auch als sogenannter Flächentarifvertrag, bei dem der Tarifvertrag für eine spezielle Region Gültigkeit besitzt. Vorgesetzte haben durch Verbandstarifverträge den Vorteil, bei möglichen Konflikten gemeinsam handeln zu können. Demgegenüber werden jedoch die besonderen Interessen der Einzelunternehmen nicht spezifisch in Betracht gezogen.

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Firmentarifvertrag

Bei einem Firmentarifvertrag gehen ein einzelner Arbeitgeber und eine Gewerkschaft den Vertrag ein. Dadurch gilt er auch meist nur für die entsprechende Firma, jedoch können auch Aspekte aus dem Verbandstarifvertrag darin aufgenommen werden. Dieser Tarifvertrag bietet also mehr Spielraum für individualisierte Bedürfnisse des entsprechenden Unternehmens, dafür muss sich der Arbeitgeber im Notfall alleine gegen die Gewerkschaft durchsetzen.

Mehrgliedriger Tarifvertrag

Auch diese Art des Tarifvertrags unterscheidet sich von den jeweiligen Vertragsparteien. Im Gegensatz zu den beiden zuvor erläuterten Tarifverträgen können hierbei sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite mehrere Gewerkschaften, Verbände und Firmen stehen. Für einen mehrgliedrigen Tarifvertrag sind also mehrere Verträge möglich, die auch separat aufgelöst oder verändert werden können. Es gibt allerdings auch die Option eines Einheitstarifs, bei dem alle oder spezifische Ansprüche nur für alle Beteiligten gelten.

Gehaltstarifvertrag

Dieser Tarifvertrag befasst sich, wie der Name schon erahnen lässt, mit dem Arbeitsentgelt. Bei einem Gehaltstarifvertrag gibt es unterschiedliche Lohn- und Gehaltsgruppen, die je nach Arbeitsgebiet für bestimmte Beschäftigte zählen. Der Zweck eines Gehaltstarifvertrages ist es, dass die Mitarbeiter mindestens die entsprechenden Tariflöhne bekommen. Ein Gehaltstarifvertrag hat zudem eine kürzere Vertragsdauer.

Manteltarifvertrag

Eine spezielle Art des Tarifvertrags ist der Manteltarifvertrag, der auch Rahmentarifvertrag heißt. Er enthält grundsätzliche Vorgaben zu den Arbeitsbedingungen für ein langfristiges Arbeitsverhältnis. Ein Manteltarifvertrag beinhaltet also Bestimmungen über den Dienstort, die Arbeitszeit oder auch über den Krankenstand und den Urlaubsanspruch. Manteltarifverträge besitzen oft eine feste Laufzeit und gelten somit bis zu einer möglichen Kündigung.

Anschluss- und Paralleltarifvertrag

Wenn ein alter Tarifvertrag außer Kraft gesetzt wird und neue Einigungen getroffen werden, die sofort danach verbindlich sind, spricht man im arbeitsrechtlichen Kontext von einem Anschlusstarifvertrag. Tarifverträge mit identischen Inhalten, die von unterschiedlichen Gewerkschaften und Arbeitgebern beziehungsweise Arbeitgeberverbänden vereinbart werden, sind sogenannte Paralleltarifverträge.

Notlagentarifvertrag

Wie der Name bereits vermuten lässt, ist diese Art des Tarifvertrags für finanzielle Notsituationen vorbehalten. Dabei sollen noch schlimmere Notlagen beziehungsweise die Insolvenz oder betriebsbedingte Kündigungen abgewandt werden. Der Notlagen- oder auch Sanierungstarifvertrag geht oft mit Verkürzungen von Zusatzförderungen und längeren Arbeitszeiten ohne entsprechende Vergütung einher.

So kann ein Anwalt Sie unterstützen

Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann Sie über die Besonderheiten der einzelnen Tarifverträge aufklären. Er hilft Ihnen als Mitglied einer Gewerkschaft oder eines Arbeitgeberverbandes zudem auch dabei, sich bestmöglich auf die Verhandlung der Arbeitsbedingungen vorzubereiten. Der Rechtsanwalt kann Sie außerdem dabei unterstützen, Ihre Rechte, die Ihnen durch einen Tarifvertrag zustehen, auch für Ihren individuellen Arbeitsvertrag einzufordern.

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FAQ: Tarifvertrag

Typische Branchen, in denen Tarifverträge üblich sind, sind zum Beispiel der öffentliche Dienst, die Medizin, der Einzelhandel, die Metall- und Elektroindustrie, die Versicherungs- sowie die Baugewerbsbranche.
Eine Gewerkschaft von Arbeitnehmern verhandelt entweder mit einem einzelnen Arbeitgeber oder mit einem Arbeitgeberverband über die verschiedenen Arbeitsbedingungen (Arbeitszeit, Urlaubsanspruch etc).
In Deutschland gibt es Tarifverträge, die entweder nach den Vertragsparteien oder nach Inhalten unterschieden werden. Zur ersten Gruppe zählen der Verbands-, der Firmen- und der mehrgliedrige Tarifvertrag. Der Gehalts-, der Mantel-, der Anschluss-, der Parallel- sowie der Notlagentarifvertrag gehören zur zweiten Kategorie.
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